Dr. Dulger: Wir können nur das verteilen, was wir auch erwirtschaften

Mitgliederversammlung 2012 der Südwestmetall-Bezirksgruppe Rhein-Neckar

Erstellt am: 15.03.2012

MANNHEIM – Nach dem teils außergewöhnlich starken Wachstum im vergangenen Jahr gehen die Betriebe der Metall- und Elektroindustrie (M+E) in der Region Rhein-Neckar in diesem Jahr von einer deutlich schwächeren Dynamik aus. Über 70 Prozent der Betriebe rechnen mit einem gleichbleibenden oder schwächeren Auftragseingang, wie eine Konjunkturumfrage der Südwestmetall-Bezirksgruppe Rhein-Neckar zeigt.

Auch bei der Umsatzentwicklung sehen knapp zwei Drittel der Unternehmen nur noch eine Seitwärtsbewegung oder gar einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr. „Von einem überdurchschnittlichen Wachstum kann keine Rede mehr sein“, sagte Dr. Rainer Dulger, Vorsitzender der Südwestmetall-Bezirksgruppe Rhein-Neckar und des Gesamtverbands, am Donnerstag bei der Mitgliederversammlung der Bezirksgruppe in Mannheim. Zudem seien die Risiken der Staatsschuldenkrise noch lange nicht ausgestanden. Die Entgeltforderung der IG Metall von 6,5 Prozent in der laufenden Tarifrunde sei daher „unzeitgemäß und schlicht zu hoch“, sagte Dulger: „Wir können nur das verteilen, was wir auch erwirtschaften. Dabei werden die Bäume 2012 nicht in den Himmel wachsen.“

Die Beschäftigten der M+E-Industrie seien in den vergangenen Jahren stets fair bedient worden. Zum einen hätten die Unternehmen in der Krise massiv Arbeitsplätze gesichert. Dies habe viel Geld gekostet und am Eigenkapital der Betriebe gezehrt. Zum anderen seien seit 2008 allein die Tabellenentgelte in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie um neun Prozent erhöht worden. „Wie die IG Metall hier einen Nachholbedarf ausmachen kann, ist mir schleierhaft“, sagte Dulger. Tarifverträge orientierten sich stets an der künftigen Leistungskraft der Betriebe und seien keine Vereinbarungen, die sich nach Belieben nachträglich korrigieren ließen. „Sonst gerät diese wichtige Säule der Tarifpolitik ins Wanken – und das kann niemand wollen.“

Die eher verhaltenen Aussichten für 2012 spiegeln sich auch in der Personalplanung der Unternehmen wider. Zwar rechnen noch knapp 14 Prozent der befragten Betriebe mit einem weiteren Personalzuwachs. Aber bereits 39 Prozent erwarten einen leichten oder gar deutlichen Rückgang. Ein wichtiges Flexibilisierungsinstrument sei weiterhin die Zeitarbeit, um auf die zunehmend volatileren Märkte rasch reagieren zu können. „Sie hat uns in der Krise geholfen, Stammarbeitsplätze zu sichern“, betonte Dulger. „Daher ist es für uns völlig unverständlich, dass die IG Metall die Zeitarbeit signifikant einschränken will.“ Die Gewerkschaft betreibe hier eine überzogene Skandalisierung, die die betrieblichen Realitäten negiere. Daher sei die Forderung nach erweiterten Mitwirkungsrechten der Betriebsräte kontraproduktiv. „Sie schränkt die Handlungsspielräume der Unternehmen ein – dabei brauchen sie mehr Flexibilität statt weniger.“

Dies gelte auch für die dritte Gewerkschaftsforderung nach einer unbefristeten Übernahme der Auszubildenden. Die Südwestmetall-Umfrage habe gezeigt, dass die Hälfte der Betriebe bei einer solchen Vereinbarung ihre Ausbildungsaktivitäten zurückfahren werden. Knapp 17 Prozent haben dies im Hinblick auf die IG-Metall-Forderung nach eigenen Angaben bereits vorsorglich getan. „Das trifft dann vor allem die schwächeren Bewerber, deren Aussichten, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, deutlich schlechter werden“, sagte Dulger. Es sei viel sinnvoller, diese Jugendlichen zu fördern und beim Einstieg in den Beruf zu unterstützen. „Wie uns das gelingen kann“, sagte Dulger, „darüber wollen wir mit der IG Metall gerne bei den Verhandlungen sprechen.“

Über die Bezirksgruppe Rhein-Neckar

Die Bezirksgruppe Rhein-Neckar ist eine von 13 Bezirksgruppen des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e. V. – Südwestmetall. Die Mitarbeiter betreuen 91 Betriebe mit knapp 44.000 Beschäftigten. An der Umfrage haben sich 61 Mitgliedsbetriebe mit 37.000 Beschäftigten beteiligt.

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